Liebe Arbeitgeber - Vielen Dank für nix
Kommentar von Ralf Willeck, 1. Bevollmächtigter, IG Metall Heidenheim
Wasser predigen, Wein trinken
Bericht in der Stuttgarter Zeitung vom 18. Februar
"Daimler legt gute Zahlen vor, trotz der Corona-Seuche"
Auf den ersten Blick eine erfreuliche Nachricht, so denke ich. Beim Lesen werde ich allerdings nachdenklich. Die Dividende für die Aktionäre soll um 50 % steigen. Moment, da war doch noch was! Richtig, in der aktuellen Tarifrunde lehnen die Arbeitgeber die Forderung der IG Metall nach einem Lohnplus für die Kolleginnen und Kollegen von 4 % als nicht finanzierbar ab? Habe ich irgendwas überlesen, oder nicht richtig verstanden?
Offensichtlich nein, denn sogar die Wirtschaftsministerin von Baden-Württemberg, Frau Eisenmann, bekannter weiser eher der Wirtschaft als den Beschäftigten zugetan, findet das Gebaren in der Süddeutschen Zeitung vom 22. Februar von Daimler als "nicht glücklich" und hätte sich "mehr Sensibilität" gewünscht. Na immerhin.
Was Frau Ministerin als "nicht glücklich" sehr streng rügt ist wohl eher eine Frechheit. Mir fällt dazu spontan nur der Spruch ein "Wasser predigen, Wein trinken". Dieser Bibelspruch passt (Achtung noch ein Spruch) wie die "Faust aufs Auge" zum Gebaren der Arbeitgeber in der laufenden Tarifrunde der Baden-Württembergischen Metall und Elektroindustrie, zur der auch Daimler gehört.
Der schwäbische Autokonzern Daimler, führte letztes Jahr, wie viele andere, Kurzarbeit ein, da Coronabedingt die Produktion nicht ausgelastet war. So weit, so gut. Immerhin 700 Millionen Euro sparte sich Daimler an Kosten durch die Kurzarbeit. Auch die betroffenen Mitarbeiter mussten sparen, denn Kurzarbeit bedeutet auch immer weniger Lohn im Geldbeutel. Trotzdem, Kurzarbeit ist eine gute Sache und hilft vielen Unternehmen in schwierigen Situationen ihre Belegschaften zu halten, und das ist gut so!
Allerdings muss man hinterfragen, ob es grundsätzlich in Ordnung ist, mit Steuergeldern und den Beiträgen aus der Arbeitslosenversicherung hunderte von Millionen Euro als Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld an ein Unternehmen zu zahlen, dass seinen operativen Gewinn im gleichen Jahr um 50 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro gesteigert hat. Auf jeden Fall freut es den schwäbischen Kleinaktionär mit 44 Aktien. Immerhin beträgt der Gegenwert seiner höheren Dividende einen Rostbraten mit Spätzle und Salat. Wir wollen ihm das gönnen.
Allerdings freuen sich auch die Großaktionäre von Daimler zum Beispiel aus China, oder der Kuwaitische Staatsfonds, oder aus den U.S.A. die Bank of America und Black Rock, die größte Investmentgesellschaft der Welt, nur um ein paar illustre Namen zu nennen. Deren Dividende soll auch um satte 50% von 90 Cent auf 1,35 Euro je Aktie steigen.
Macht nach "Adam Ries" immerhin die nicht ganz so kleine Summe von 3.600.000.000 Euro. Was in etwa reichen würde, um rund 90.000 Pflegekräfte für ein Jahr zu bezahlen. Nur um mal ein Gefühl zu bekommen, welche Summen da verteilt werden. Aber ich schweife ab, eigentlich wollte ich ja was Anderes sagen, nämlich, das gleichzeitig die Forderung der IG Metall nach 4 % mehr Lohn für die Beschäftigten in der Metall und Elektroindustrie, zu der übrigens auch Daimler gehört, von den Arbeitgebern als völlig unverständlich und nicht bezahlbar tituliert wird.
Sicher, nicht alle Arbeitgeber sind Daimler, etliche haben unter Corona auch kräftigte Einbußen verkraften müssen und für einige sind "nur" 4 % auch zu viel. Aber dafür gibt es Lösungen in den Tarifverträgen. Kein Unternehmen muss "pleite" gehen nur, weil es eine Tariferhöhung gibt. Das ist einfach nur Quatsch oder bestenfalls alte Horrorgeschichten aus dem Giftschrank der Arbeitgeberverbände.
Interessant in diesem Fall aber ist, dass ausgerechnet ein Herr Wilfried Porth, seines Zeichen Vorstand bei eben dem oben genannten Daimler, vor kurzem der üppigen Dividendenerhöhung von 50 % zugestimmt hat, der gleiche Porth ist, der Verhandlungsführer der schwäbischen Arbeitgeber ist und in der aktuellen Tarifrunde sämtliche Forderungen der IG Metall als unbezahlbar ablehnt, eben - Wasser predigen, Wein trinken -
Aber vielleicht sehe ich das ja auch durch meine rotgefärbte Gewerkschafterbrille nur falsch, denn eigentlich ist es ja ganz Logisch, wer die Kohle für Großaktionäre raushaut, muss woanders sparen. Vielen Dank, liebe Arbeitgeber, für den großen Respekt und die tolle Anerkennung die ihr euren Mitarbeitern für ihren Einsatz und ihre Leistung in der Corona-Pandemie zukommen lasst. Vielen Dank für nichts.
ICH HABE FERTIG !
Ralf Willeck
1. Bevollmächtigter
IG Metall Heidenheim
Letzte Änderung: 25.02.2021