Auf Kante genäht?!

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24.07.2019 Betriebsräte der Armaturenindustrie stellen sich Zukunftsthemen

Heidenheim / Ulm: Aus ganz Deutschland waren Betriebsräte der Armaturenindustrie zu einer Branchentagung der IG Metall auf die Ostalb gereist, um sich zu aktuellen Themen auf den neuesten Stand zu bringen. Im Mittelpunkt standen dabei die großen Herausforderungen, die auf die Branche Industriearmaturen, wie auf viele andere auch, zukommen: Digitalisierung, Demografischer Wandel, Klimawandel, Mobilitäts- und Energiewende, Globalisierung, Lebenswelten, die immer weiter auseinanderdriften.

Die Betriebsräte diskutierten bei ihrer Branchentagung, welche Auswirkungen dieser Wandel auf die Beschäftigung hat und welche Gestaltungsmöglichkeiten sich daraus ergeben. Man stehe vor einem schwierigen Spagat: Die Marktanforderungen in Sachen Technik, Liefertreue und Geschwindigkeit müssen bei steigendem Fachkräftebedarf erfüllt werden. Gleichzeitig verändern sich Produktions- und Verwaltungsprozesse und damit auch Anforderungen an die Beschäftigten. "Wir brauchen mehr Investitionen in Qualifizierung der Beschäftigten und in die Entwicklung neuer Produkte, damit unsere Branche eine gute Zukunftsperspektive in Deutschland hat. Dann kann der Wandel gelingen", ist Michael Beckers, Betriebsratsvorsitzender beim Heidenheimer Armaturenbauer Erhard überzeugt.

Seit dem Jahr 2004 gibt es den Austausch der Betriebsräte und dieser sei besonders wichtig, wie sein Stellvertreter Claudio Governi betont: "Ich beobachte seit Jahren in unserer Branche den gleichen Trend. Waren die meisten Betriebe zu den Anfangszeiten unserer Treffen noch inhabergeführt, so sind seitdem bei fast allen entweder Investoren eingestiegen oder sie wurden an Konzerne verkauft. Diese orientieren sich an kurzfristigen Zielen und hohen Renditen. Die Profite haben sich fast verdoppelt, die Beschäftigtenzahlen hingegen halbiert." Diese Entwicklung habe sich bei fast allen beteiligten Betrieben so oder so ähnlich abgespielt, auch bei Erhard könne man dies beobachten. Dort arbeiteten vor gut 20 Jahren noch 800 Beschäftigte, aktuell sind es noch 211.

Die Betriebsräte beobachten diesen Trend mit großer Sorge. "In vielen Betrieben ist das Personal auf Kante genäht", sagt Maja Reusch, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Heidenheim. "Die starke Zunahme von Burnout ist eine Folge davon." Besorgniserregend sei zudem, dass viele Betriebe selbst von der guten Ertragslage der letzten Jahre zu wenig profitiert hätten, da die erwirtschafteten Gewinne abgezogen würden. Das sei auch in der Armaturenindustrie zu beobachten. "Gewinne müssen aber auch in die Betriebe reinvestiert werden, z.B. in neue Maschinen oder Anlagen, in neue Produkte und qualifiziertes Personal, denn nur so können Betriebe langfristig innovativ bleiben und künftige Herausforderungen wie die Digitalisierung meistern", so Reusch. Diese werde kommen, ist die Gewerkschafterin überzeugt. "Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, aber kann menschengerecht gestaltet werden." Das sei eine zentrale Aufgabe für Arbeitnehmervertreter und deshalb seien Fortbildungen und gegenseitiger Austausch zum Thema äußerst wichtig.

Bei einer anschließenden Betriebsführung durch die Firma Erhard konnten sich die Teilnehmer aus Bremen, Essen oder Hannover davon überzeugen, wie weit der Stand der Digitalisierung bei Erhard fortgeschritten ist. "Wir haben noch einiges zu tun", so Governi. "Wenn wir klug und weitsichtig handeln, können wir den Wandel positiv gestalten."

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Letzte Änderung: 24.07.2019