Transnationale Partnerschaftsinitiative
Die IG Metall geht in Ungarn mit den Partnergewerkschaften VASAS neue Wege. Um die Gewerkschaftsmacht gerade in einer globalisierten Welt weiter auszubauen, gibt es seit dem 28. Februar ein Verbindungsbüro in der westungarischen Stadt Kecskemét. Damit können sich Betriebsräte und Vertrauensleute auf der betrieblichen Ebene vernetzen und Strategien entwickeln.
Hintergrund ist der Ausbau des Daimlerwerks in Kecskemét. Bis 2019 entstehen dort sowie in der ebenfalls dort angesiedelten Zulieferindustrie zwischen fünf- und sechstausend neue Arbeitsplätze. Die IG Metall baut deshalb ihre Kooperation mit der ungarischen Metallgewerkschaft VASAS aus. Am 28. Februar wurde das zweite Büro des gewerkschaftlichen Bildungs- und Beratungsinstituts TPI nonprofit Kft in Kecskemét eröffnet. Es gibt bereits seit einem Jahr ein ähnliches Büro in Györ.
"In einer Welt, in der transnational aufgestellte Unternehmen Produktion und Absatz global planen und organisieren, müssen auch Gewerkschaften mehr im Blick haben als den eigenen Betrieb oder das eigene Land.", sagte IG Metall-Vorstandsmitglied Wolfgang Lemb bei der Eröffnung in Kecskemét. "Wir müssen in der gewerkschaftlichen Arbeit Grenzen überschreiten und in der täglichen Praxis transnational arbeiten. Für uns ist klar, dass die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Deutschland langfristig nur sicher sein können, wenn auch an den ausländischen Standorten die Arbeits- und Einkommensbedingungen mit Hilfe starker gewerkschaftlicher Organisation verbessert werden."
Deutschland ist mit einem Anteil von 24 Prozent mit Abstand größter ausländischer Direktinvestor in Ungarn. Neben Audi, Mercedes-Benz und Opel haben sich auch viele mittelständische deutsche Unternehmen aus allen anderen Branchen angesiedelt. Das neueröffnete Büro in Kecskemét bietet Bildung und Beratung für die Betriebsgewerkschaften bei den Automobilzulieferern, um dort gute Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Auch die IG Metall Gaggenau unterstützt das Projekt, um die Zulieferer zu organisieren und auch dort eine gute und erfolgreiche Vertrauensleutearbeit aufzubauen. Die Kollegen bei den Zulieferern tauschen sich untereinander über Arbeitszeitmodelle und Entlohnungssysteme aus. "Es ist für uns alle gut, wenn Vasas in den Betrieben stark ist. Es ist gut, wenn die deutschen und ungarischen Kollegen miteinander reden und zusammenarbeiten", sagte der Vertrauenskörperleiter von Mercedes-Benz in Rastatt, Uwe Krause bei der Eröffnung.
Erfolgreiche Tarifrunde bei Daimler
Daimler baut in Kecskemét in den nächsten zwei Jahren noch ein weiteres Werk mit mindestens 2500 Arbeitsplätzen. Ungefähr die gleiche Anzahl wird bei Zulieferern entstehen. In Ungarn arbeiten mindestens 50 000
Menschen in deutschen Unternehmen der Automobilindustrie. Die Fahrzeugindustrie ist treibende Kraft des BIP in beiden Ländern. Ungarn ist ein Standort mit niedrigen Einkommen für die Arbeitnehmer. Die IG Metall will mit dem
Büro in Kecskemét nicht nur Qualifizierungsmaßnahmen anbieten, sondern auch einen Beitrag zu den Erfolgen in der Lohnentwicklung einer wichtiger Unternehmen leisten. "Ein Beispiel, wie das gehen kann war die erfolgreiche
Tarifrunde Ende letzten Jahres bei Mercedes hier in Kecskemét", sagte Lemb. "Auf diesem Weg müssen wir konsequent weiter gehen. Denn: Bei den Löhnen hier in Ungarn ist noch sehr viel Luft nach oben."
Aber auch bei den Arbeitsbedingungen will das Projekt ansetzen. In Ungarn gibt es Entgeltsysteme und Schichtmodelle, die die Unternehmen in Deutschland nicht durchsetzen könnten, zum Beispiel Schichten, die 12 Stunden gehen, die sehr ungesund und belastend sind. Ohne Mitsprache und Mitbestimmung der Beschäftigten wird sich daran nichts ändern. Hier setzt das Projekt an. Denn die IG Metall setzt sich prinzipiell dafür ein, dass Menschen in ihrer Arbeit gut leben können - und zwar überall auf der Welt. Weitere Verbindungsbüros gibt es in Ungarn in der Stadt Györ und in den USA in der Stadt Spring Hill, Tennessee.
Letzte Änderung: 28.02.2017