Weihnachtsgeld trotz Zeitrente

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22.12.2016 Wer eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, aber noch in einem Arbeitsverhältnis steht, kann trotzdem einen Weihnachtsgeldanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben.

Ein 58-jährige Karosseriebauer ist schon länger arbeitsunfähig. Für den Zeitraum Mai 2015 bis Juli 2016 bewilligte die Rentenversicherung eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Sein Arbeitgeber verweigerte deshalb die Auszahlung der tariflichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2015. Seine Begründung war, das Arbeitsverhältnis ruhe wegen des Rentenbezuges. Deshalb bestehe nach den anzuwendenden tariflichen Regeln des Kraftfahrzeuggewerbe Nordrhein-Westfalens kein Anspruch auf das sogenannte Weihnachtsgeld.

Arbeitsgericht Bochum sieht kein ruhendes Arbeitsverhältnis
Diese Argumentation konnte das Arbeitsgericht Bochum, das der IG Metaller mit Hilfe des Bochumer Büros der DGB Rechtsschutz GmbH anrief, nicht nachvollziehen.

Die Arbeitsrichter vermochten nämlich ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht zu erkennen. Zwar beinhaltet der einschlägige Tarifvertrag für das Kfz-Gewerbe NRW die Regelung, dass bei ruhendem Arbeitsverhältnis keine Jahressonderzahlung beansprucht werden kann. Allerdings beinhaltet der Tarifvertrag keine Vorschriften, unter welcher Voraussetzung von einem Ruhen gesprochen werden kann.

Zeitrente führt nicht zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses
Weder die durchgehende Arbeitsunfähigkeit führe zu einem Ruhen, noch der Umstand des zeitweiligen Rentenbezugs. Schließlich könne - so das Arbeitsgericht Bochum - der Rententräger durch Erlass des Rentenbescheides keine Regelung treffen, die in das Arbeitsverhältnis eingreift.

Und wenn weder im Arbeitsvertrag noch in den Tarifvorschriften geregelt sei, dass ein Rentenbezug zu einem vollständigen oder zeitweiligen Ruhen führe, könne nicht von einem ruhenden Arbeitsverhältnis ausgegangen werden.

Ruhendes Arbeitsverhältnis nur bei besonderen Regelungen
Die Arbeitsrichter folgten gemäß geltender Rechtsprechung der Argumentation der Prozessvertreterin des Klägers, Rechtsschutzsekretärin Susanne Nöllecke vom DGB Rechtsschutz: Weil entsprechende Bestimmungen zum Ruhen fehlen, bestehe der Anspruch des Karosseriebauers auf die tarifliche Jahressonderzahlung. Sie gaben der Zahlungsklage statt.

Der Arbeitgeber zeigte sich zunächst uneinsichtig. Er legte gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm ein, hat diese aber zwischenzeitlich zurück genommen.
Der Beschäftigte kann sich also endlich - mit einjähriger Verspätung - auf sein Weihnachtsgeld des letzten Jahres freuen.

Anmerkung der Redaktion:
Das Arbeitsgericht Bochum hat klargestellt, dass weder langanhaltende Arbeitsunfähigkeit noch zeitweiliger Rentenbezug quasi "automatisch" zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses führen. Um dies annehmen zu können, bedarf es besonderer Regelungen, etwa im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag. Diese gab es im konkreten Fall nicht.

Das Urteil darf nicht bedenkenlos verallgemeinert und auf andere Fälle übertragen werden. In anderen Tarifbereichen, so zum Beispiel im Bereich des öffentlichen Dienstes, gibt es anderweitige Vorschriften. Dort regelt nämlich Paragraf 33 TVöD das Ruhen des Arbeitsverhältnisses beim Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit.

Es empfiehlt sich also, jeweils die anzuwendenden Tarifregelungen und den Arbeitsvertrag genau einzusehen und Gewerkschaft oder DGB Rechtsschutz um Prüfung zu bitten.

Arbeitsgericht Bochum vom 11. August 2016 - 4 Ca 213/16

Autor: Michael Mey, Rechtsschutzsekretär, Hagen

Letzte Änderung: 21.12.2016