9095 Jugendliche im Wartestand

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12.11.2015 DGB fordert mehr Ausbildungsplätze von der Wirtschaft

"Trotz lauter Rufe nach Fachkräften lässt das Engagement der Betriebe bei der Ausbildung zu wünschen übrig", sagte die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf zu den heute von der Arbeitsagentur veröffentlichten Zahlen zum Ausbildungsmarkt. "Lediglich ein knappes Viertel der Betriebe im Land beteiligt sich noch an der dualen Ausbildung", kritisierte Frenzer-Wolf. So könne es nur schwer gelingen, die Zahl der jungen Menschen ohne Berufsabschluss in Baden-Württemberg zu senken. Ihr Anteil lag bei den 20- bis 29-Jährigen 2013 bei 11,7 Prozent.

9095 Jugendliche waren Ende September noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ihnen standen lediglich 6131 bei der Arbeitsagentur gemeldete unbesetzte Ausbildungsplätze gegenüber. Diese waren vor allem in der Gastronomie, dem Nahrungsmittelhandwerk und dem Handel zu finden. Frenzer-Wolf: "In diesen Branchen lässt auch in Baden-Württemberg die Ausbildungsqualität zu wünschen übrig. Verständlicherweise werden sie daher von Schulabgängern gemieden." Dies zeige der am Montag veröffentlichte Ausbildungsreport der DGB-Jugend Baden-Württemberg.

Darüber hinaus seien 8780 Bewerber und Bewerberinnen unbekannt verblieben. Darunter seien erfahrungsgemäß viele Jugendliche, die ohne Ausbildungsplatz oder Alternative seien. Im Bündnis für Ausbildung habe sich die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet, die Zahl der unbekannt verbliebenen Bewerberinnen und Bewerber im Südwesten bis 2018 auf 5000 zu reduzieren. Mit dem Rückgang um 10,4 Prozent sei der erste Schritt getan, um mehr Transparenz über die Situation der ausbildungsinteressierten Jugendlichen im Land herzustellen.

Der DGB sieht auch positive Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt. Die Neuordnung des Übergangs von der Schule in den Beruf sei auf einem guten Weg. "Erste Ergebnisse stimmen uns zuversichtlich, dass die Neuordnung in den Modellregionen und darüber hinaus erfolgreich umgesetzt werden kann", sagte Frenzer-Wolf. Ohne mehr Ausbildungsplätze seitens der Betriebe sei eine Verkleinerung des Übergangssektors und mehr direkte Einmündungen in Ausbildung allerdings nicht möglich.
"Ausbildungsbetriebe sollten ausbildungsbegleitende Hilfen und das neue Instrument der Assistierten Ausbildung stärker nutzen", forderte die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende. Mit diesen Instrumenten könne auch chancenärmeren Jugendlichen eine Perspektive in der dualen Ausbildung geboten werden. Der DGB fordere daher einen bedarfsgerechten Ausbau der Assistierten Ausbildung. Auch ein voller zweiter Berufsschultag mit Förderangeboten, um noch vorhandene Schwächen zu beseitigen, könnte für manche Jugendliche sinnvoll sein. Entsprechende Modellversuche werde das Bündnis für Ausbildung prüfen.

Insgesamt habe die Nachfrage nach dualer Ausbildung entgegen der Diskussion um einen angeblichen Akademisierungswahn nicht nachgelassen. Auch schlage sich die demografische Entwicklung noch nicht nieder. Die Zahl der Bewerber und Bewerberinnen ist lediglich um 0,7 Prozent gesunken. Viele Jugendliche besuchen mangels Ausbildungsplatz aber berufliche Schulen, um dort höherwertige Schulabschlüsse zu erwerben. Deshalb seien die Betriebe aufgefordert, mehr Angebote für leistungsstarke Jugendliche zu machen. "Ein massiver Ausbau der Angebote zum ausbildungsbegleitenden Erwerb der Fachhochschulreife oder des Abiturs, sowie Auslandsaufenthalte und Zusatzqualifikationen im Rahmen der Ausbildung steigern die Attraktivität der dualen Ausbildung", zeigte sich die DGB-Vize überzeugt. Mit solchen Angeboten seien auch leistungsstarke Jugendliche für eine duale Berufsausbildung zu gewinnen.

Da nicht alle Betriebe ihre freien Ausbildungsstellen der Agentur melden und auch nicht alle Jugendlichen erfasst werden, seien die Zahlen der Arbeitsagentur unvollständig, böten aber einen ersten Eindruck zur Ausbildungsmarktsituation im aktuellen Ausbildungsjahr. Bilanz lasse sich erst im Frühjahr ziehen, wenn auch die Zahlen der eingetragenen Ausbildungsverhältnisse insgesamt vorliegen. Dann werde das Bündnis für Ausbildung eine abschließende Bewertung vornehmen, kündigte der DGB an.

Hintergrund:
Im Ausbildungsjahr 2014 konnten lediglich knapp 70 Prozent der ausbildungsinteressierten Jugendlichen eine Berufsausbildung beginnen: knapp 74.000 von insgesamt mehr als 106.000. Rechnerisch fehlten damit rund 32.000 Ausbildungsplätze im Land. Auch der Übergangssektor sei mit mehr als 36.000 Jugendlichen noch zu groß. Der DGB geht davon aus, dass sich an dieser Situation auch im Ausbildungsjahr 2015 nichts Wesentliches ändert.

Letzte Änderung: 03.11.2015