Kleine Kontroverse zur Eurokrise

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22.04.2015 Dr. Steffen Lehndorff sprach über die Eurokrise

Heidenheim. Vor sechs Jahren nahm die Eurokrise ihren Anfang und ist bis heute noch nicht gelöst. Dr. Steffen Lehndorff referierte bei einer Veranstaltung der IG Metall über die Spar- und Reformpolitik, die bislang nicht die gewünschten Effekte brachte, sondern in weiten Teilen die Krisensituation sogar verstärkte.

"Wenn ich meinem Nachbarn Geld borge, so habe ich doch ein Interesse daran, dass es ihm baldmöglichst wieder gut geht und er es mir zurückzahlen kann", erklärt Dr. Steffen Lehndorff von der Universität Duisburg-Essen seine Logik der Kreditvergabe. Die Krisenpolitik der EU folgt dieser aber nicht. Die Milliarden die nach Griechenland und andere betroffene Länder geflossen sind, zielten nicht darauf ab, Binnenmarkt und Bevölkerung zu unterstützen, sondern den Finanzsektor zu stabilisieren und die Haushalte der betroffenen Länder zu sanieren. Dies forderte massive Opfer von der Bevölkerung und lähmte die dortige Wirtschaft.

Griechenland ist besonders stark davon betroffen: Ein Drittel der Bevölkerung lebt derzeit in Armut, Mindestlöhne und Schutzrechte der Beschäftigten wurden beschnitten, die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 30% und die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei über 50%. Den Menschen fehlt es im Alltag am nötigsten, viele sind nicht mehr krankenversichert. Auch Betriebe sind betroffen, denn es wird immer schwieriger, Kredite für Investitionen zu bekommen.

"Die Reformen haben niemandem genutzt, außer den Gläubigern der Krisenländer. Die Kürzungspolitik hat dazu beigetragen, dass sich die Rezession noch verschlimmert hat", sagt Lehndorff und belegt diese Aussage mit einer Reihe von statischen Auswertungen. Der Wissenschaftler vergleicht seit über 20 Jahren internationale Wirtschafts- und Beschäftigtenstrukturen und ist sich deshalb sicher, dass es ein Umdenken in der von Deutschland geprägten europäische Wirtschafts- und Währungspolitik im Falle Griechenlands geben muss. Er glaube, dass weder ein Schuldenschnitt noch ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion vorteilhaft wäre. "Aber es gibt Alternativen zur neoliberalen Abbaupolitik", meint Lehndorff. "Ich begreife die Wahl der neuen griechischen Regierung als Chance, echte Strukturreformen umzusetzen, die nicht nur Klientelpolitik, Steuerhinterziehung und Korruption bekämpfen, sondern nachhaltige wirtschaftliche Entwicklungsimpulse setzt und die EU zu einer Solidargemeinschaft macht." Dazu müsse der jetzigen Regierung aber Zeit gegeben werden.

Der Vortrag Dr. Steffen Lehndorffs kam bei den 60 Teilnehmern, darunter Vertreter von Attac, SPD, Grüne, Linke sowie der griechischen Gemeinde, gut an. Letztere bedankten sich bei der IG Metall sowie bei Dr. Steffen Lehndorff für die Veranstaltung, sei doch viel zu viel Unwissen über die Ursache und den Verlauf der Krise im Umlauf. "Wir brauchen mehr Aufklärung, denn die griechische Bevölkerung leidet nicht nur unter den massiven Kürzungen und der Beschneidung ihrer Rechte. Wir leiden auch darunter, dass wir zum Sündenbock erklärt wurden und von der deutschen Presse, aber auch im Alltag von Kollegen, Nachbarn und Bekannten verhöhnt und beschimpft wurden", erklärte ein Vertreter der griechischen Gemeinde Herbrechtingens.

Die IG Metall möchte auch weiterhin die Kleine Kontroverse durchführen und mit Bürgerinnen und Bürgern über aktuelle politische Themen diskutieren.

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Folien zum Vortrag von Dr. Steffen Lehndorff

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Letzte Änderung: 27.04.2015