Paul Hartmann AG geht falschen Weg

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17.05.2021 Medizinproduktehersteller plant Verlagerung von Produktion nach Polen

IG Metall wirft der Konzernleitung vor, nicht alle Optionen geprüft zu haben.

Im Heidenheimer Stammwerk des Medizinproduktehersteller Hartmann soll der Bereich Wundmanagement geschlossen werden und die gesamte Produktion nach Polen verlagert werden.

Betroffen sind davon 120 Mitarbeiter in Heidenheim. "Ich finde die Entscheidung des Managements falsch", so der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Heidenheim, Ralf Willeck: "Dass Betriebsrat und Gewerkschaft solche Pläne grundsätzlich ablehnen ist normal, aber hier geht es um viel mehr."

Im vergangenen Jahr habe Hartmann einen Rekordumsatz und -gewinn vermeldet. "Die Dividende geht nach oben, für die Aktionäre bedeutet das eine Erhöhung um 14 Prozent", so der Gewerkschafter. Das solle auch jedem vergönnt sein, solange es einem Unternehmen gut geht. Und aus diesem Grund sieht Willeck auch keine wirtschaftliche Not beim Hartmann-Konzern.

Hinzu kommt, dass im vergangenen Jahr das Unternehmen dafür gelobt wurde, dass es in Deutschland produziert, etwa das Desinfektionsmittel Sterillium. Hier habe sich gezeigt, wie wichtig es sei, im Land zu produzieren. Das habe sich auch auf die Umsatzzahlen bei Hartmann ausgewirkt, so Willeck.

Dass die Produkte im Bereich Wundmanagement nicht so gut liefen, da viele Operationen verschoben wurden, sei die Kehrseite der Medaille. "Das in dem Bereich Handlungsbedarf bestehe, wird von niemand bestritten", so Willeck. Aber einfach die Maschinen in Heidenheim abzubauen und in einem neuen Werk in Polen wieder aufzubauen ist schlicht der falsche Weg. "Das Problem bei der Produktion der Wundprodukte liegt nicht an den Löhnen, sondern an den veralteten Anlagen", stellt Willeck fest.

In der Vergangenheit sei viel zu wenig investiert worden. Die guten Ergebnisse der letzten Jahre waren Großteils dem geschuldet, dass man in vielen Bereichen zu wenig investiert hat. Das rächt sich nun", so Willeck. "Inzwischen sind viele Produktionsanlagen alt, um mit ihnen effizient zu arbeiten."

Die nun angekündigten Pläne, diese Anlagen nach Polen zu schaffen, sind aus Willecks Sicht ein Fehler. "Eine Verlagerung von Produktion ins Ausland mit dem Ziel Lohnkosten zu sparen, war noch nie wirklich erfolgreich." Maschinen, die hier nicht effizient arbeiten, täten das anderswo auch nicht.

Deshalb wirft Willeck dem Hartmann-Management auch vor, nicht ernsthaft geprüft zu haben, ob mit den 50 Millionen Euro, die die Verlagerung nach Polen in Summe kosten soll, nicht auch in Heidenheim eine moderne Anlage konkurrenzfähig gebaut werden könnte.

Die niedrigeren Lohnkosten in Polen sind für Willeck kein überzeugendes Argument: "Die Kunden werden für Produkte, die in Billiglohnländern gefertigt werden, nicht die Preise für "Made in Germany" wie bisher bezahlen."

Hinzu kämen noch Effizienzverluste, Transportkosten und andere Nebeneffekte, wie Reibungsverluste durch alte Maschinen, bei denen viel Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter sei. "Bis das in Polen richtig rund läuft, kann es lange dauern", so der Metaller. "Ob dann wirklich mehr verdient wird, ist zu bezweifeln. Für dieses Risikoprojekt 50 Millionen auszugeben und dafür 120 Arbeitsplätze in Heidenheim zu vernichten, ist schlichtweg falsch und für das Unternehmen auch schädlich.

Zumal Hartmann schon einmal bei einer Verlagerung nach China schlechte Erfahrungen gemacht habe. Für die Hartmann-Tochter KOB wurden alte Maschinen nach China gebracht, später hat man dann eingesehen, dass das nicht funktioniert und einen Teil wieder nach Deutschland zurückgeholt.

Eigentlich müsste man erwarten, dass man aus seinen Fehlern lernt. "Ich kann es einfach nicht begreifen, warum man mit den gleichen alten Ideen kommt, wenn man selbst schon mal sehr schlechte Erfahrungen gemacht hat, die zudem ein Haufen Geld gekostet haben." so Willeck.

Anhang:

Hartmann MIC in Heidenheim (c) Paul Hartmann AG

Hartmann MIC in Heidenheim (c) Paul Hartmann AG

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Letzte Änderung: 17.05.2021