Die IG Metall Heidenheim verabschiedet sich von einem großen Gewerkschafter und wichtigen Teil ihres Teams: Willi Wolf geht in den verdienten Ruhestand.

Begonnen hat seine Karriere bei Voith in der Gießerei, wo er vor über 40 Jahren eine Ausbildung zum Modellschreiner begann. Der Kontakt zur IG Metall war bald hergestellt, Voith war ein wichtiger Kampfbetrieb und die IG Metall stark im Betrieb verwurzelt. Willis Wolf wurde in den Vertrauenskörper gewählt, der damals das Sprachrohr der IG Metall in und aus dem Betrieb war und selbst Konflikte mit dem Betriebsrat nicht scheute, war man nicht immer einer Meinung wie und welche Interessen der Beschäftigten vertreten werden sollen.

"Diese innergewerkschaftlichen Diskussionen über den richtigen Weg bei Voith waren für mich einschneidende Erlebnisse," erinnert sich Wolf. Bis zum heutigen Tag ist er davon überzeugt, dass der Einzelne in der Gemeinschaft aktiv werden muss, um seine und anderer Kollegen Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern.

1985 wurde Willi Wolf zum Vertrauenskörperleiter gewählt, genau zu der Zeit, als die IG Metall einen ihrer größten Arbeitskämpfe um die 35 Stundenwoche führte. "Diese Zeit hat mich enorm geprägt, ich habe viele tolle Erinnerungen an diese Zeit, weil wir hier mit vielen Kollegen zusammen etwas großartiges erreicht haben."

Vier Jahre später wurde Willi in den Betriebsrat gewählt und nutzte viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Wolf wusste, Bildung ist der Schlüssel für gute Betriebsratsarbeit. "Das Wissen muss aber auch angewandt werden. Es bringt nix, wenns im Kopf ist, aber nicht gehandelt wird", so Wolf. Für ihn war klar, wer auf Seminar fährt, muss bei Betriebsrat- und VK-Sitzung über das Gelernte berichten und erklären, wie er das Gelernte in aktive Tat umsetzen will.

1996 kam der erste tiefgreifende Schock für Willi und seine Kollegen, weitere Einschnitte sollten folgen. Voith hatte beschlossen, sich aufzuspalten und die Gießerei an einen Schweizer Investor zu verkaufen. Für Willi und seine Kollegen bedeutete dies erstmals ohne die große Voith-Familie zu kämpfen, einen eigenen Betriebsrat und Vertrauenskörper auf die Beine zu stellen, um grundlegende Arbeitsrechte und Tarifbindung zu kämpfen. Zusammen mit seinem engen Arbeitskollegen Roland Fetzer schaffte er auch diese Herausforderung, teilweise wandte er äußerst kreative Aktivitäten an, um seine Ziele zu erreichen und die Interessen seiner Kollegen zu wahren. Seine "Guerillaaktionen" kamen bis jüngst zum Einsatz, trugen wesentlich zur Durchsetzung vieler gewerkschaftlicher Ziele bei und machten vor allem Spaß.

2002 kam die erste Insolvenz für die Gießerei. Es folgten zähe, lange Verhandlungen, die von zwei Arbeitsniederlegungen begleitet wurden. Wolf ist überzeugt, nur durch die gute Gewerkschaftsarbeit im Betrieb, durch jahrelange offene Kommunikation und Beteiligung der Kollegen an der Betriebsratsratsarbeit konnte ein gutes Ergebnis in den Verhandlungen erreicht werden. "Dem Arbeitgeber war bewusst, dass die Belegschaft hinter uns stand. Das stärkte unsere Verhandlungsposition ungemein und wir konnten 12 weitere Beschäftigte retten."

Die Gießerei wurde 2006 wiederum verkauft an die SHW CT-Gruppe. Auch hier währte der Frieden nicht lange, denn 2013 folgte wieder eine Insolvenz, diesmal mit traurigem Ausgang. Die Gießerei wurde geschlossen. Besonders bitter für Wolf und seine Kollegen war, dass nur 1,5 Mio. EUR gefehlt hätten, um die Gießerei weiterzubetreiben. Voith war aber nicht an einem Deal interessiert. Die Gießer verabschiedeten sich von ihrer Gießerei mit einem großen Trauermarsch durch Heidenheim. Auf dem Eugen-Jaeckle-Platz stellten sie ungefragt ihre letzte Arbeit, eine gegossene Gedenktafel, auf. Wochenlang stand sie dort, Menschen verweilten, Blumen wurden niedergelegt.

Willi war rührig, versuchte so viele Kollegen wie möglich unterzubringen. Seine guten Kontakte halfen dabei. Fast drei Dutzend brachte er z.B. in der Daimler-Gießerei unter. Einige, vor allem ältere Beschäftigte, blieben aber auf der Strecke, Willi litt mit.

Für ihn begann eine zweite Karriere bei der IG Metall Heidenheim. Seine langjährigen Mandate als Ortsvorstand, Delegierter, Tarifkommissionsmitglied etc. musste er abgeben, dafür wechselte er als Gewerkschaftssekretär in die Geschäftsstelle und nahm die Aufgabe auf sich, die Gewerkschaftsarbeit in den Betrieben, vor allem im Handwerk zu beleben.

Die Geschäftsstelle profitierte sehr von seinem langjährigen Erfahrungsschatz. Klar in der Ansprache, immer direkt und ehrlich, geleitet von der Überzeugung, für das richtige einzustehen, das Herz auf dem rechten (oder linken) Fleck, immer ansprechbar für Probleme und bereit, mutig ungewöhnliche Lösungswege einzuschlagen, davon konnten wir uns nun direkt überzeugen. Gerade für jüngere Kollegen, aber auch für manches gestandenes Betriebsratsmitglied war und ist Willi ein Vorbild geworden. Ein bisschen mehr Willi in den Betrieben und die Arbeitswelt wäre besser - zumindest für Beschäftigte.

Auch wenn es für die IG Metall (nicht nur in Heidenheim) ein großer Verlust ist, wir gönnen Willi den wohlverdienten Ruhestand. Wir danken ihm für seine jahrzehntelange hervorragende Arbeit und wünschen ihm und seiner Frau Marlies alles Gute für die Zukunft und viel Glück in eurer neuen Heimat in Kehl.

Willi, au revoir heißt auf Wiedersehen! Glück auf!