Mitbestimmung in sozialen Netzwerken

recht so

19.12.2016 Betriebsrat darf bei Facebook-Auftritt mitbestimmen

Zahlreiche Unternehmen haben heute eigene Facebook-Seiten. Sie nutzen das soziale Netzwerk für Informations- und Werbezwecke. Doch hat der Betriebsrat beim Facebook-Auftritt des Arbeitgebers auch ein Wort mitzureden? Ja, entschied das Bundesarbeitsgericht erstmals in einem Fall aus Nordrhein-Westfalen.

Jeder dritte Deutsche hat ein Facebook-Profil. Und immer mehr Arbeitgeber nutzen die sozialen Netzwerke für Informations- und Werbezwecke. Bisher unterlag der Facebook-Auftritt eines Unternehmens nicht der Mitbestimmung durch den Betriebsrat. Doch in einem wichtigen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht am 13. Dezember 2016 in Erfurt (1 ABR 7/15) nun Betriebsräten ein Mitspracherecht in Teilen der Gestaltung des Facebook-Auftritts des Arbeitgebers zugesprochen.

Die Arbeitnehmervertreter müssen demnach ausdrücklich der Kommentarfunktion zustimmen, sofern Nutzer-Postings über einzelne Mitarbeiter des Arbeitgebers abgeben können. Es war das erste höchstrichterliche Urteil zu den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates in Bezug auf die sozialen Netzwerke.

Ausgestaltung der Posting-Funktion unterliegt Mitbestimmung
Im konkreten Fall geht es um einen Arbeitgeber, der in fünf Transfusionszentren Blutspenden entgegennimmt. Er betreibt eine Facebook-Seite und stellt dabei auch eine virtuelle Pinnwand zur Verfügung, auf der Nutzer öffentlich Kommentare abgeben können, darunter auch kritische Kommentare gegenüber Beschäftigten.

Nach Rechtsprechung des BAG führt die Veröffentlichung von Kommentaren, soweit sie sich auf Verhalten oder Leistung von Arbeitnehmern beziehen, zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Daher unterliegt die Entscheidung des Arbeitgebers, Kommentare unmittelbar zu veröffentlichen, der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Im konkreten Rechtsstreit hat das BAG dem Arbeitgeber aufgegeben, es zu unterlassen, den Besuchern (Facebook-Nutzern) der Seite www.facebook.com/drk.blutspendedienst.west die Nutzung der Funktion "Besucher-Beiträge" zu ermöglichen, solange nicht die Zustimmung des Konzernbetriebsrats oder ein die Zustimmung ersetzender Beschluss der Einigungsstelle vorliegt.
Dem Arbeitgeber hilft es nach Rechtsprechung des BAG nicht, dass er auf die Veröffentlichung des Kommentars keinen Einfluss nimmt. Das Mitbestimmungsrecht setzt vielmehr bereits an der Entscheidung des Arbeitgebers an, die virtuelle Pinnwand zu betreiben.

Bedeutung für die Praxis
Die Bedeutung der Entscheidung reicht weit über die Nutzung von Facebook hinaus. Betriebsräte sollten daher den Internetauftritt ihres Arbeitgebers, auch wenn er nicht bei Facebook, sondern einem anderen Anbieter gehostet wird, auf die Möglichkeiten für Rückmeldung von Dritten prüfen. Wenn dort eine Kommentarfunktion freigeschaltet ist und Kommentare sichtbar sein sollten, besteht Handlungsbedarf.

Der Betriebsrat sollte vom Arbeitgeber verlangen, dass er die Veröffentlichung der Kommentare unterlässt und ggf. Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat aufnimmt. In der Betriebsvereinbarung sollte, abgestimmt auf die betrieblichen Umstände im Einzelfall, die Möglichkeit verhindert werden, Beschäftigte "an den Pranger" zu stellen. Auch wenn nur die Kommentarfunktion freigeschaltet ist, eine Veröffentlichung aber nicht erfolgt, besteht Anlass zur Frage an den Arbeitgeber, was mit den Rückmeldungen geschieht, und an welcher Stelle der Betriebsrat eingebunden wird.

Eine weitergehende Bewertung muss bis zum Vorliegen der Entscheidungsbegründung abgewartet werden. Wir halten Euch auf Laufenden.

Letzte Änderung: 19.12.2016