Entschädigung für werdende Mutter

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04.03.2016 Verbotswidrige Kündigung kann zugleich gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoßen.

Missachtet der Arbeitgeber den Mutterschutz, kann eine verbotswidrige Kündigung zugleich gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen. Der Arbeitnehmerin steht dann ein Anspruch auf Entschädigung zu.

Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren nach § 9 Mutterschutzgesetz - MuSchG - für unwirksam erklärt, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage des Mutterpasses mitgeteilt hatte, dass sie schwanger sei und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt hatte. Einige Monate später kündigte der Beklagte ein weiteres Mal ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde.

Kündigung ist nicht nur rechtswidrig, sondern auch diskriminierend

Durch die erneute Kündigung wurde die Klägerin nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts (LAG) wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Eine solche Benachteiligung untersagt der Gesetzgeber in § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Den Einwand des Arbeitgebers, er habe angenommen, die Schwangerschaft sei bereits beendet, hat das Gericht für unberechtigt gehalten. Es hätten keine Anhaltspunkte für ein Ende der Schwangerschaft vorgelegen; auch sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, den Arbeitgeber stets von dem Fortbestand der Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen. Mit seiner Entscheidung hat das LAG Berlin-Brandenburg ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 08.05.2015 - 28 Ca 18485/14).

Das LAG hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Folgen für die Praxis

Schwangere Frauen und Mütter nach der Entbindung genießen besonderen Kündigungsschutz, sofern dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt ist. Grundsätzlich gilt dann ein Kündigungsverbot, wovon nur mit behördlicher Zustimmung eine Ausnahme gemacht werden kann. Das Kündigungsverbot gilt auch schon in der Probezeit.

Im vorliegenden Fall hatte die Beschäftigte nach der ersten Kündigung den Arbeitgeber über die Schwangerschaft informiert, damit war dieser auch über den voraussichtlichen Entbindungstermin informiert. Er konnte sich damit durchaus errechnen, wann die schwangerschaftsbedingten Schutzbestimmungen endeten.

Das hielt den Arbeitgeber, noch dazu einen Rechtsanwalt, aber von einer nochmaligen Kündigung während der Schwangerschaft nicht ab. Darin liegt durchaus eine gewisse Ignoranz gegenüber den geltenden Vorschriften zum Mutterschutz. Da diese naturgemäß nur Frauen zugutekommen, war es naheliegend, hier eine Diskriminierung wegen des Geschlechts anzunehmen.

Entschädigungsanspruch setzt kein Verschulden voraus

Der Entschädigungsanspruch wegen einer Diskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt kein Verschulden und auch keine Benachteiligungsabsicht voraus. Ausreichend ist, wenn das Benachteiligungsmerkmal (hier: Geschlecht) Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung des Arbeitgebers beeinflusst hat.

Eine einmalige Kündigung während der Schwangerschaft reicht für die Annahme einer Diskriminierung sicherlich nicht aus. Die wiederholte Kündigung jedoch, noch dazu durch einen Rechtsanwalt, und dann auch noch obwohl das Arbeitsgericht die erste Kündigung bereits wegen der Schwangerschaft für unwirksam erklärt hatte, legt eine Diskriminierung hingegen nahe.

AGG bei Kündigungen stets mit prüfen

Als Fazit lässt sich ziehen, dass in Prozesssituationen, in denen ein Arbeitgeber trotz eines Kündigungsverbotes oder offenkundig entgegenstehender Umstände wiederholt versucht, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen, an das AGG zu denken ist. Eine mögliche Diskriminierung ist anhand der Benachteiligungsmerkmale des § 1 AGG zu prüfen.

Liegt eine Diskriminierung vor, ist für die Durchsetzung eines Entschädigungsanspruches entscheidend, die formellen gesetzlichen Vorgaben zu wahren. Der Anspruch muss binnen zwei Monaten ab Kenntniserlangung geltend gemacht, sowie binnen weiterer drei Monate eingeklagt werden.(Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: "AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat" des Bund-Verlags, Ausgabe 17 vom 01. Oktober 2015, www.ab-web)

Letzte Änderung: 23.02.2016